Mit dieser Wahl soll zum einen auf eine äußerst
interessante Kleinfischart aufmerksam gemacht werden, die seit einiger Zeit auf
der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Tierarten steht. Zum anderen soll
auf die Gefährdung der Gewässer-Ökosysteme hingewiesen und verdeutlicht werden
dass Tiere, Pflanzen und deren Lebensraum unter dem Gesichtspunkt Natur- und
Umweltschutz nicht isoliert voneinander betrachtet werden können.
Der Bitterling bekam seinen Namen, weil sein Fleisch bitter schmeckt. Wegen
seiner geringen Größe von nur 6 - 9 Zentimetern ist er eher unauffällig. Umso
interessanter ist er aber wegen der besonderen Art der Fortpflanzung, bei
welcher dieser Kleinfisch auf Muscheln angewiesen ist, die den gleichen
Lebensraum wie er bewohnen.
Bitterlinge leben gesellig - mit Vorliebe in flachen, stehenden oder langsam
fließenden Gewässern mit Pflanzenwuchs. Sommerwarme Altarme, verkrautete Weiher
und Tümpel sind bevorzugte Lebensräume. Der Bitterling mag sandige
Bodenverhältnisse oder schlammigen Untergrund und besiedelt bevorzugt
pflanzenreiche Uferzonen. Die Nahrung besteht hauptsächlich aus Pflanzen, aber
in geringem Maße auch aus kleinen wirbellosen Tieren wie Würmern, Kleinkrebsen
und Insektenlarven.
Der Kleinfisch ist in fast ganz Mittel- und Osteuropa nördlich der Alpen
verbreitet. Er fehlt jedoch auf den Britischen Inseln und in Skandinavien, sowie
südlich der Alpen und Pyrenäen
In Deutschland ist der Bitterling nur unregelmäßig verbreitet und kommt in
keinem Bundesland besonders häufig vor.
Der Bitterling ist der kleinste Vertreter der Karpfenartigen. Man erkennt ihn an
seinem relativ hohen Rücken und dem halbunterständigen Maul. Den Körper schützen
große Schuppen. Den größten Teil des Jahres ist der Rücken graugrün gefärbt,
Seiten und Bauch sind silbrig. Über die Mitte der Seiten zieht sich ein
leuchtender Streifen blaugrüner Farbe. In der Laichzeit intensivieren sich die
Farben der Männchen.
Im Alter von zwei bis drei Jahren werden Bitterlinge geschlechtsreif. Ihre
Fortpflanzung ist hochgradig spezialisiert: Zur Laichzeit (April - Juni) sucht
sich das nun prächtig bunt gefärbte Männchen eine Fluss- oder Teichmuschel aus
und lockt ein Weibchen, dem eine bis zu 5 Zentimeter lange, pinkfarbene
Legeröhre gewachsen ist, an diese heran. Mit dieser Legeröhre legt das Weibchen
jetzt einzelne Eier in die Kiemen der Muschel. Unmittelbar nach der Eiabgabe
gibt das Männchen seine Spermien ab, die über das Atemwasser der Muschel ins
Innere gelangen und dort die Eier befruchten. Jede Muschel erhält nur ein oder
zwei Eier. Dieser Vorgang wird mehrfach und an verschiedenen Muscheln
wiederholt. Insgesamt legen die Weibchen somit 40 bis 100 Eier in verschiedenen
Muscheln ab.
Die befruchteten Eier sind durch die Ablage in der Muschel vor Angriffen durch
Fressfeinde geschützt. Daher genügt auch eine geringe Zahl an Eiern, mit denen
der Bestand der Population dennoch gesichert ist. Die Eier und die nach zwei bis
drei Wochen schlüpfenden Jungfische wachsen vollkommen geschützt in der Muschel
auf. Die Muschel hat ebenfalls einen Vorteil von dieser Art der Fortpflanzung.
Nehmen die Muscheln nämlich die Fische wahr, so stoßen sie ihre eigenen Larven
aus, die sich an den Fischkörper heften und beim verlassen der Muschel über die
Atemöffnung von ihm transportiert werden Die Muschel kann dadurch auch Orte
besiedeln, an die sie nicht käme, wenn die schwimmunfähige Larve sich lediglich
von der Strömung treiben ließe.
Der Bitterling ist nicht besonders anspruchsvoll, aber da seine Fortpflanzung
zwingend von den Fluss- oder Teichmuscheln abhängig ist, wird jede Gefährdung
der Muscheln zur Existenzbedrohung für den kleinen Fisch. Da Muscheln als
Filtrierer besonders anfällig auf Verschmutzung reagieren und in ihren Beständen
stark rückläufig waren, erklärt sich hierdurch auch die Bestandsgefährdung des
Bitterlings. Durch Baggerarbeiten in Gewässern, durchgeführt im Zuge der
Unterhaltung, sind beispielsweise Muschel-Populationen ganzer Bäche- und
Flussabschnitte ausgestorben. Weitere Gründe für die Gefährdung sind in das
Verschwinden vieler geeigneter Biotope beispielsweise durch die Beseitigung von
Altarmen oder Verfüllung von Kleingewässern.
Um dem Bitterling zu helfen, müssen vor allem die Gefährdungsursachen für die
Muscheln wie Faulschlammbildung, Trockenlegung oder Verlandung der Gewässer
vermieden werden.
Außerdem sind die Erhaltung beziehungsweise die Wiederanbindung von Altwässern
sowie schonend durchgeführte Gewässerunterhaltungsmaßnahmen notwendig. Um das
Überleben des Bitterlings zu sichern gilt es deshalb verstärkt, dementsprechende
Schutzmaßnahmen fortzuführen beziehungsweise einzuleiten. Schließlich ist der
kleine Karpfenfisch durch seine einmalige Art der Fortpflanzung ein Schatz der
Natur, der auch für kommende Generationen erhalten werden muss.